- Franziska Honndorf
- 18. Jan. 2023
- 6 Min. Lesezeit
Sehr geehrter Herr Vorsitzender, meine sehr geehrten Damen und Herren, zu Beginn meiner Ausführungen meinen herzlichen Dank an das Team der Finanzabteilung für die Erstellung des Haushaltsplan-Entwurfs, der guten Erarbeitung und den umfangreichen fachlichen Informationen im Vorfeld und bei den Beratungen. Glückwünsch, dass es gelungen ist, den Haushaltsentwurf so aufzustellen, dass dieser trotz des ausgewiesenen Defizits genehmigungsfähig ist und ein Haushaltssicherungskonzept vermieden und einen sog. Haushaltsausgleich 2. Klasse erzielt werden kann. Wie aus dem Vorbericht zu entnehmen ist, belaufen sich die Rücklagen aus Überschüssen des ordentlichen Ergebnisses zum 31.12.2021 auf 112,8 Mio. €. So kann der Fehlbedarf von 5,2 Mio. € im Jahr 2023 und auch die Summe der Fehlbeträge in Finanzplanungszeitraum bis 2026 ausgeglichen werden. Trotz aller Schwierigkeiten und Unsicherheiten, sowie aller nicht hausgemachten Probleme und Kostensteigerungen, ist es gelungen ein weitgehend ordentliches Ergebnis zu erzielen. Sicherlich könnte man jetzt jede einzelne Position und Maßnahme im Haushaltsentwurf untersuchen und intensiv beleuchten. Aber die Zahlen und Ausführungen zeigen auch, dass ein Sparwille vorhanden ist und Einschränkungen in vielen Produktbereichen erkennbar und offensichtlich sind. Inwieweit hier noch weitere Potenziale ausgeschöpft werden könnten, lasse ich an dieser Stelle offen. Wir haben hier das Vertrauen in die Verwaltung und Fachbereiche, dass an den Notwendigkeiten sowie gesetzlichen und rechtlichen Vorgaben entsprechend angepasste Mittelanmeldungen erfolgt sind. Das Bemühen sollte hier respektiert werden. Daher erlaube ich mir, mich bei meinen Ausführungen auf rein sachliche Argumente zu beschränken. Auch wenn dies vom Grunde her ja selbstverständlich sein sollte und Grundlage der kommunalpolitischen Arbeit der Unabhängigen Wähler ist. Mit dem vorgelegten Haushaltsentwurf wird erstmals die 500 Mio.-Grenze überschritten. Hauptursache ist hier in den extrem gestiegenen Umlageleistungen zu sehen und im Planungszeitraum bis 2026 ist mit weiteren Steigerungen des Haushaltsvolumens zu rechnen. Besonders die Gewerbesteuereinnahmen der Stadt Marburg führen zu einem erheblichen Anstieg der Kreisumlagegrundlagen. Von diesen Mehreinnahmen an Gewerbesteuer der Stadt Marburg kann der Landkreis jedoch nicht profitieren. Auch bei 13 Städten und Gemeinden ergibt sich eine Nettobelastung, da die zu zahlende Kreis- und Schulumlage höher ausfällt als die Einnahmen aus den Schlüsselzuweisungen. Erfreulicherweise erhält der Landkreis aufgrund einer erfolgten Vergleichsberechnung eine Ausgleichszahlung vom Land in Höhe von rund 11,8 Mio. €. Sicherlich kann man dem Land dankbar sein für den rechnerischen Ausgleich, aber als zufriedenstellend kann es nicht bezeichnet werden. Hier wird es ganz deutlich und ist als klares Signal zu verstehen, dass der KFA einer dringenden und zwingenden Überarbeitung und Anpassung bedarf. Auch im Hinblick auf die hohen Umlageverpflichtung an den LWV sollten Aktivitäten erfolgen. Hier gibt es bereits aus anderen Landkreisen Initiativen bei der Bundes- und Landesregierung hinsichtlich der finanziellen Mehrbelastung des LWV Hessen durch sog. „systemwidrige Leistungen“ auf eine Neuregelung hinzuwirken. Wie hier aus Begründungen zu entnehmen ist, werden unter „systemwidrigen Leistungen“ alle Leistungen, welche aufgrund von inkonsistenten gesetzlichen Verpflichtungen, fehlenden gesetzlichen Regelungen, restriktiven Bewilligungspraxen anderer Kostenträger und mangelnder Alternativen, durch den LWV Hessen finanziert werden müssen, obwohl diese systematisch nicht in die Zuständigkeit der Eingliederungshilfe gehören. Mit einer solchen weitreichen den Initiative könnte ein Entlastungspotenzial für den LWV und somit natürlich auch für die Kommunen erzielt werden. Mit dem unerfreulichen Thema der wegfallenden Gewinnausschüttung der Sparkasse wurden wir ja bereits vor zwei Jahren konfrontiert. Hier sollten und müssen weitere Gespräche und Forderungen erfolgen, die auch die besonderen Interessen der umlagepflichtigen Städte und Gemeinden und die damit einhergehende Bedeutung der bisherigen Gewinnausschüttungen darlegen und müssen daher intensiv verfolgt und vorgebracht werden. Denn die damit verbundene Mehrbelastung von 2,6 Mio. € sind auch Finanzmittel die im Rahmen der Haushaltsfinanzierung von den Städten und Gemeinden erbracht werden müssen. Diese Forderung wird auch in der Stellungnahme der Bürgermeister/-innen zum Ausdruck gebracht. Einer der größten Posten im Haushalt des Landkreises sind und bleiben die Personalkosten. Über Jahre hinweg muss hier festgestellt werden, dass die Planzahlen mit den in den Ergebnissen ausgewiesenen Ist-Zahlen in nicht unerheblichem Maße differieren. Wenn auch bei der Vorstellung und Erläuterung des Haushaltsplanes versucht wird, die veranschlagten Zahlen nachvollziehbar darzustellen, sehen wir hier – wie in all den Jahren zuvor – doch einen gewissen Puffer. Ein recht interessanter Ansatz ist auch hier aus der Stellungnahme der Bürgermeister zu entnehmen. Die zwingend notwendige Stellenbesetzung im Bereich der Pflichtaufgaben, wird aufgrund der Lage auf dem Fachkräftemarkt eher als unwahrscheinlich gesehen. Eine einfache Lösung wäre darin zu sehen, bereits beim Landkreis beschäftigtes Personal aus dem freiwilligen Bereich in die Aufgabenerfüllung des Pflichtbereiches zu verschieben. Neben der kurzfristigen personellen Verstärkung in den Fachbereichen, könnte so gleichzeitig eine Reduzierung im Stellenplan und eine Verschlankung des Kreis-Haushaltes erzielt werden. Ein ganz bestimmt überlegenswerter Vorschlag. Die Kostensteigerungen für Sach- und Dienstleistungen sind aufgrund der extremen Steigerungen für Energieaufwendungen sicherlich vertretbar und weitgehend begründet. Allerdings war in den zurückliegenden Jahren stets festzustellen, dass aufgrund einer vorsichtigen Planung und Veranschlagung ein positives Ergebnis erzielt werden konnte. Die Personalkosten sowie die Sach- und Dienstleistungen sind daher im Rahmen des Haushaltsvollzugs weiterhin intensiv zu beobachten und wir werden sehen, inwieweit Plan und Ist-Zahlen sich im Laufe des Jahres darstellen. Es ist erfreulich und schön, wenn wir auch im kommenden Jahr wieder rd. 28 Mio. € an Investitionsmaßnahmen tätigen möchten. Dies ist grundsätzlich zu begrüßen. Aber wenn man schaut, dass noch ca. 61 Mio. € sog. Haushaltsreste für noch nicht getätigte bzw. abgeschlossene Maßnahmen vorhanden sind und so vorhandene Finanzmittel binden, sollte überlegt werden, ob das Investitionsvolumen in dieser Höhe zwingend ist. Aus unserer Sicht wäre es sinnvoll, zunächst die noch laufenden und noch nicht begonnenen Maßnahmen zum Abschluss zubringen, um so einen realistischen Bestand an ungebundenen Rücklagen/Finanzmittel zu erhalten. Vor allem vor dem Hintergrund der aktuellen Preissituation, die sicherlich zu anderen Kostenaufwendungen führen wird als noch zum Planungszeitraum. Denn jede neue zu finanzierende Maßnahme, stellt eine weitere zusätzliche Belastung im Haushalt dar, die den Handlungsspielraum eingrenzen. Bereits vor zwei Jahren haben wir uns kritisch zu dem 160 Mio. € Investitionsplan ausgesprochen, da sich hier im Vorfeld schon gebunden wird und nur schwer den aktuellen Gegebenheiten angepasst werden kann. Gut gemeinte und gut gedachte Investitionen sind grundsätzlich richtig und zu begrüßen, allerdings müssen diese dann auch – wenn möglich – zeitnah umgesetzt werden. Alle Maßnahmen wirken sich teils direkt oder indirekt auf die Haushalte der Landkreiskommunen aus. Daher ist die finanzielle Situation unserer Städte und Gemeinden im Blick zu behalten und ein intensiver Austausch mit ihnen von zwingender Notwendigkeit. Neben der allgemeinen Anhörung im Rahmen der Erstellung des Haushaltsplanes, sollte man auch über weitere mögliche Kooperationen nachdenken, mit der Synergien erzielt werden könnten. Wenn auch für das Haushaltsjahr ein negatives Jahresergebnis auszuweisen ist, so kann doch auf eine umfangreiche Rücklage zurückgegriffen werden. Zudem verfügt man planmäßig zum Jahresende 2023 noch über einen Zahlungsmittelbestand in Höhe von ca. 11,5 Mio. €. Die Quartalsberichte und Prognosen für das laufenden Haushaltsjahr zeigen auch, dass von einem besseren Ergebnis als geplant auszugehen ist und sich positiv auf das Jahresergebnis auswirken wird. In der Finanzplanung der Entwicklung des Ergebnishaushaltes erwartet man bereits in 2026 wieder ein positives Jahresergebnis und geht von einer Steigerung der Finanzmittel aus. Dies ist aus unserer Sicht als ein positives Signal zu sehen. Daher sollte nicht so negativ in die Zukunft geblickt werden, sondern eher nach Möglichkeiten gesucht werden, wie der sog. „kommunalen Familie“, sprich den kreisangehörigen Städten und Gemeinden Unterstützung und weitere Hilfe gewährt werden kann. Denn wie bereits erwähnt erfahren die meisten kreisangehörigen Kommunen im Rahmen des KFA eine Nettobelastung und müssen ebenfalls die extremen Steigerungen der Sach- und Betriebskosten, speziell im Energiebereich, in ihren Haushalten finanzieren. Keine Sorge, wir werden aktuell keine Senkung der Kreis-Umlage fordern, da dies aufgrund der Haushaltslage sicherlich nicht vertretbar wäre. Andererseits ja auch von Seiten der Koalition auf den Kommunalen Entwicklungsfond und der damit verbundenen Unterstützung der Städte und Gemeinden verwiesen wird. Wir sehen allerdings doch eine Möglichkeit, wie die kreisangehörigen Kommunen unterstützt werden können. Die Städte und Gemeinden sehen sich einer stets wachsenden finanziellen Belastung im Bereich der Kinderbetreuung gegenüber. Die gesetzlichen und rechtlichen Anforderungen werden stets umfangreicher und stellen in den meisten Kommunen den größten Ausgabeposten dar. Um hier eine direkte und sachbezogene Unterstützung zu leisten, wäre unsere Forderung, dass der Landkreis als Träger der Jugendhilfe den Kommunen einen Betriebskostenzuschuss im Bereich der Kindertagesbetreuung gewährt. Denn die Kommunen leisten hier einen wichtigen Beitrag für den Landkreis und sollten hierbei entsprechend unterstützt werden. Sicherlich keine unrealistische Forderung, die auch unter der momentan etwas angespannten finanziellen Situation des Kreis- Haushaltes umgesetzt werden könnte. Ohne einzelne Produkte bzw. Produktbereiche näher zu beleuchten oder beleuchtet zu haben, gibt es aus unserer Sicht bereits im Großen und allgemeinen schon einige Möglichkeiten und Spielräume die genutzt werden können, um die finanzielle Lage zu verbessern. Wir haben bewusst auf Änderungsanträge zum Haushalt verzichtet, da aufgrund langjähriger Erfahrung, diese eh keine Mehrheit und Zustimmung gefunden hätten. Wir werden aber den Haushaltsvollzug im Auge behalten und uns vorbehalten, zu gegebener Zeit entsprechende Maßnahmenanträge einzureichen. Sicherlich sind wir nicht mit allen Veranschlagungen und Maßnahmen einverstanden, aber unter Respektierung des erkennbaren Sparwillens und es vermieden werden kann ein Haushaltssicherungskonzept erstellen zu müssen, werden wir den Haushalt an dieser Stelle auch nicht ablehnen, sondern uns enthalten. Dem Wirtschaftsplan 2023 des Eigenbetriebs Jugend- und Kulturförderung wer den wir unsere Zustimmung geben.
Bernd Schmidt UWG Fraktionsvorsitzender (es gilt das gesprochene Wort!)
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