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  • reitz-heike
  • 28. März
  • 7 Min. Lesezeit

Sehr geehrter Herr Vorsitzender,

meine sehr geehrten Damen und Herren,

 

zu Beginn meiner Ausführungen meinen herzlichen Dank an das Team der Finanzabteilung für die Erstellung des Haushaltsplan-Entwurfs, der guten Erarbeitung und den umfangreichen fachlichen Informationen im Vorfeld und bei den Beratungen. Danke auch an alle Verantwortlichen aus den Fachbereichen, die den Vorgaben zu einer sparsamen Mittelanmeldungen in Ihren Zuständigkeitsbereichen doch entsprochen haben.

Trotzdem ist es nicht gelungen einen ausgeglichenen Haushaltsentwurf aufzustellen und auch kein sog. Haushaltsausgleich 2. Klasse erzielt werden konnte.

Aufgrund dessen, dass in 2025 die Deckungsmittel nicht ausreichen und auch im Finanzhaushalt ein Defizit bzw. ein Finanzmittelbetrag ausgewiesen werden muss, ist nach Jahren wieder die Aufstellung eines Haushaltssicherungskonzeptes erforderlich.

 

Und erstmals seit Bestehen des Landkreises Marburg-Biedenkopf wird ein Doppelhaushalt als Entwurf für die Jahre 2025 und 2026 vorgelegt.

Als Gründe oder Absichten und Perspektiven für den Doppelhaushalt werden genannt, dass Einsparungen für mehr als 12 Monate notwendig sind und der Finanzrahmen für 24 Monate festgelegt wird. Es soll die Fortführung der gegenwärtigen Aufgaben in den 2 Jahren sichergestellt werden. Es soll Planungssicherheit auch für die Kommunen geschaffen werden, da der Hebesatz für Kreis- und Schulumlage bis 2026 festgelegt wird.

 

Es wird hier grundsätzlich von Planungssicherheit gesprochen, aber wie planungssicher ist ein Plan über zwei Jahre, wenn bereits innerhalb eines Quartals schon gravierende Änderungen eintreten. Wie es uns die Vergangenheit schon häufiger gezeigt hat.

Wenn auch einige Gründe für einen Doppelhaushalt genannt werden, so sehen wir dies ein wenig anders.

Dies auch vor dem Hintergrund, dass der Haushaltsentwurf nicht wie in gewohnter Weise im Dezember letzten Jahres zur Beschlussfassung vorgelegen hat. Als Grund hierfür wurde genannt, dass der Finanzplanungserlass mit den aktuellen und weitestgehend verlässlichen Orientierungsdaten nicht vorgelegen habe. Daher konnte der Entwurf erst im Februar vorgelegt werden. Auf der anderen Seite werden jetzt die Orientierungsdaten aus 2024 für die Planzahlen des Haushaltsjahres 2026 zugrunde gelegt. Was bedeutet dies für Planungssicherheit? Zunächst konnte kein Haushalt aufgestellt werden, weil keine verlässlichen Daten vorlagen und jetzt dienen diese Daten als Planungsgrundlage für 2026.

Und wenn wir uns nur die aktuelle politische und wirtschaftliche Großwetterlage betrachten, werden die Orientierungsdaten aus 2024 sicherlich keinen langdauernden Bestand haben. Allein die Tatsache, dass die Bundesregierung ein mehrere Milliarden-Programm auf den Weg bringt, wird sich bemerkbar machen und es bleibt abzuwarten, wie sich dies auf die Länder und weiter nach unten auswirken wird. Hier dürfen wir sehr gespannt sein.

 

Dass mit dem Doppelhaushalt der Verwaltung für 24 Monate klare Vorgaben geschaffen werden, dem kann man zunächst zustimmen. Aber es dürfte wohl jedem klar sein, dass mit der Möglichkeit eines oder mehrerer Nachtragshaushalte diese Vorgaben schnell zu ändern sind. Aufgrund der angespannten Lage bleibt daher abzuwarten, ob die Haushaltsansätze in dem langen Planungszeitraum ohne Nachtragshaushalte eingehalten werden können.

 

Richtig ist auch, dass die Kernaufgaben mit den damit verbundenen Mehraufwendungen gestiegen sind und entsprechende Deckungsmittel nicht ausreichend zur Verfügung stehen. Aber vor diesem Problem stehen auch alle Städte und Gemeinden, die dann auch noch mit erhöhten Umlagezahlungen an den Landkreis belastet werden. Hier ist das Land gefragt, die sog. kommunale Familie finanziell besser auszustatten und nicht noch mehr nach unten zu verlagern und die kommunalen Ebene in eine finanzielle Schieflage zu bringen.

 

Sicherlich könnte man jetzt jede einzelne Position und Maßnahme im Haushaltsentwurf untersuchen und intensiv beleuchten. Aber die Zahlen und Ausführungen im Rahmen der Beratungen zeigen, dass ein Sparwille vorhanden ist und Einschränkungen in vielen Produktbereichen erkennbar und offensichtlich sind. Inwieweit hier noch weitere Potenziale ausgeschöpft werden könnten, lasse ich an dieser Stelle offen. Wir haben hier das Vertrauen in die Verwaltung und Fachbereiche, dass an den Notwendigkeiten sowie gesetzlichen und rechtlichen Vorgaben entsprechend angepasste Mittelanmeldungen erfolgt sind. Das Bemühen sollte hier respektiert werden.

 

Daher erlaube ich mir, mich bei meinen Ausführungen in gewohnter Weise auf einige allgemeine Erläuterungen zu beschränken.

 

 

Mit über 18 % an den ordentlichen Aufwendungen nehmen die Personalkosten einen extrem hohen Anteil am Gesamthaushalt ein.

Lag das Ergebnis der Personalaufwendungen im Jahr 2021 noch bei 67,3 Mio. Euro und ging man in 2023 noch bei der Planung der Personalaufwendungen für das Jahr 2025 noch von 77,1 Mio. Euro und für 2026 von 78,1 Mio. Euro aus, so werden diese Zahlen mit den aktuellen Planansätzen um ein vielfaches überschritten. Auch wenn man bei der Erstellung des Haushaltes 2024 hier schon eine gewisse Anpassung nach oben eingeplant hat, so zeigt das Ergebnis aus dem Jahre 2023 mit 75,9 Mio. Euro und dem Planansatz von 2025 mit 89,9 Mio. Euro eine Steigerung von 14 Mio. Euro innerhalb von zwei Jahren bei den Personalkosten. Für das Jahr 2026 ist sogar ein Planansatz von 91,3 Mio. Euro geplant und rechnet man die Versorgungsaufwendungen noch hinzu kommt man auf einen Betrag von 101,5 Mio. Euro.

Wies der Stellenplan in 2023 noch 1120 Stellen aus, so sind für 2026 zwischenzeitlich 1201 Stellen im Stellenplan vorgesehen. Auch hier eine große Steigerung und intensive Personalausweitung. Allein durch gesetzliche Vorgaben und tarifliche Steigerungen ist diese Entwicklung nicht nachvollziehbar.

Auch unsere Städte und Gemeinden werden mit stetig neuen Aufgaben und Herausforderungen konfrontiert und müssen diese im Rahmen ihrer Möglichkeiten erledigen. Und ich glaube sagen zu dürfen, dass dies in den zurückliegenden Jahren ohne den extremen Personalausbau, wie es beim Landkreis praktiziert wird bzw. wurde, umgesetzt werden konnte.

Vielleicht wäre es daher angebracht, die Ausgaben im freiwilligen Bereich und den damit verbundenen Personalaufwendungen auf den Prüfstand zu stellen und sich auf die Pflichtaufgaben zu beschränken. Evtl. wäre auch eine externe Aufgaben- und Organisationsuntersuchung der Kreisverwaltung zu überlegen, um so eine mögliche Anpassung und effektivere Verwaltung zu erreichen.

Inwieweit die pauschale Hochrechnung um 2 % für das Jahr 2026 bei den Entgelten und Bezügen ausreichen wird, ist wohl eher fraglich, wenn man die aktuellen Tarifverhandlungen mit den Forderungen der Arbeitnehmerseite und letzten Tarifabschlüssen zugrunde legt.

 

Nicht minder umfangreich, wie die Personalaufwendungen, sind die Aufwendungen für Sach- und Dienstleistungen. Liegt das Ergebnis in 2023 noch bei 66,3 Mio. Euro und der Ansatz in 2024 bei 67,3 Mio. Euro, so ist in 2025 eine Kostensteigerung um 4,5 Mio. Euro geplant.

Bei einem so hohen Haushaltsdefizit, wie es in 2025 ausgewiesen wird, dann gerade in diesem Haushaltsjahr extrem hohe Bauunterhaltungsmaßnahmen, die sicherlich nachvollziehbar sind, zu veranschlagen, ist einig fraglich. Evtl. wären und könnten auch Maßnahmen in die Folgejahre geschoben werden, da hier laut der vorliegenden Planungen ein Haushaltsausgleich eher erzielt werden kann. In all den Jahren hat es noch nie so einen hohen Planansatz gegeben, wie in dem nun hochdefizitären Haushaltsjahr 2025. Denn auch mit Blick auf das Jahr 2026 wird der Ansatz wieder um 2,7 Mio. Euro auf dann „nur“ noch 69,3 Mio. Euro. Hier wäre sicherlich eine genauere Prüfung erforderlich, ob und in welchem Umfang notwendige Maßnahme umgesetzt werden müssen.

 

Im Rahmen des Investitionsprogramms ist nun auch die Schlussfinanzierung des 160-Mio.-Programms verbunden und führt dazu, dass der Haushaltsansatz in 2026 eine weitere Netto-Neuverschuldung von 25,5 Mio. Euro vorsieht. Auch wenn die mit dem RP vereinbarte Netto-Neuverschuldung von max. 65 Mio. Euro über die Jahre eingehalten wird, bedeutet es doch eine Mehrbelastung und Folgefinanzierung für die künftigen Haushaltsjahre.

Bereits bei der Beschlussfassung hatte ich bzw. hatten wir unsere Bedenken an dem umfangreichen Investitionsprogramm geäußert. Grundsätzlich sehen wir es als zwingend und erforderlich an in die Infrastruktur des Landkreises zu investieren. Die Investitionstätigkeit sollte sich aber an der gesetzlichen mittelfristigen Finanzplanung orientieren und ein Investitionsprogramm in kürzeren Zeiträumen einer erneuten Prüfung unterzogen werden. So war unsere Argumentation. Nun holt uns das langfristige Programm ein und wir werden gezwungen in finanziell schwierigen Zeiten eine hohe Verschuldung einzugehen, die Belastungen für die Folgejahre bedeutet.

Bei den geplanten Investitionen und den damit verbundenen investiven Ausgaben, besonders für das Jahr 2026, darf man mehr als gespannt sein, inwieweit diese Planungen realistisch und umsetzbar sind.

Allein rund 35 Mio. Euro im Bereich der Schulen in 2026 zu investieren, ist eine nicht leichte Herausforderung. Genauso gespannt sein darf man, wie und wo rund 10,5 Mio. Euro in der Radverkehrsförderung investiert werden. Da sind die 1,2 Mio. Euro für den Kreisstraßenbau ja eine Kleinigkeit, wobei hier aus unserer Sicht weitaus hätte eingeplant werden müssen, statt in den anderen Bereichen, deren Realisierungschancen mehr als fraglich sind.

 

Aus unserer Sicht sehr erfreulich, ist die Etatisierung der Zuschüsse zum Weiterbetrieb des Krankenhauses in Biedenkopf.

Unsere Antragsinitiative vom August des letzten Jahres hat sicher nicht unerheblich dazu beigetragen, das umfangreiche Aktivitäten veranlasst wurden, die nun den Anschein zulassen, dass eine dauerhafte Lösung für den Weiterbetrieb des Krankenhauses Biedenkopf gefunden wurde.

Daher darf ich im Namen meiner Fraktion dem Kreisausschuss und Herrn Landrat für ihr Engagement in dieser uns wichtigen Angelegenheit Danke sagen.

War der für das Haushaltsjahr 2026 um 2 Mio. € auf nur noch 3 Mio. € reduzierte Haushaltsansatz etwas fraglich, so kann dieser aufgrund des im Ausschuss genannten Ergebnisses für das Jahr 2024 nun nachvollzogen werden. Ob die 3 Mio. € allerdings tatsächlich ausreichen werden, wird man sehen. Daher sollte man für weitere alternative Finanzierungsmöglichkeiten und Finanzierungshilfen offen sein, über diese nachzudenken und einfach mal zu prüfen.

Auch enthielt unsere damalige Antragsinitiative die Trägerschaft als Kreiskrankenhaus, die jetzt verwirklicht wird.

 

Ohne einzelne Produkte bzw. Produktbereiche näher zu beleuchten oder beleuchtet zu haben, gibt es aus unserer Sicht bereits im großen und allgemeinen schon einige Möglichkeiten und Spielräume die genutzt werden können, um die finanzielle Lage zu verbessern.

 

Dies wird auch in der Stellungnahme der Bürgermeister zum Ausdruck gebracht, der wir uns inhaltlich in vollem Umfang anschließen können. Es wäre daher sinnvoll und von großem Vorteil, wenn man sich intensiver mit den Städten und Gemeinden austauscht und nach gemeinsamen Wegen und Lösungen zur Verbesserung der finanziellen Situation abstimmt. Vielleicht sind so Synergien zu erzielen, die für beide Seiten von Vorteil sind.

 

Wenn in 2026 auch deutliche Einnahmeverbesserungen im Rahmen der Umlagezahlungen und des Finanzausgleichs – höhere Kreis- und Schulumlage, geringere LWV- und Krankenhausumlage – geplant sind, bleibt abzuwarten, inwieweit sich diese Schätzungen bestätigen. Daher darf man auch gespannt sein, wie und ob man es schafft, das Defizit von 22,4 Mio. Euro in 2025 auf nur noch 1,7 Mio. Euro in 2026 zu reduzieren. Denn ich darf erinnern, hier liegen die Orientierungsdaten aus 2024 zugrunde.

 

Bei allen Bemühungen ein weitestgehend verlässliches Zahlenwerk zu erstellen, ist der Doppelhaushalt 2025/2026 aus unserer Sicht, doch eher „mit heißer Nadel“ gestrickt. Eine Planungssicherheit ist aus unserer Sicht eher fraglich.

Grundsätzlich ist der Haushalt nicht zustimmungsfähig, aber aufgrund dessen, dass ein deutliches Signal für den Weiterbetrieb des Krankenhauses Biedenkopf auch für das Jahr 2026 enthalten ist, werden wir uns daher enthalten. Dies gilt auch für das damit verbundene Haushaltssicherungskonzept.

 

Aufgrund langjähriger Erfahrung haben wir bewusst auf Änderungsanträge zum Haushalt verzichtet. Wir werden aber den Haushaltsvollzug im Auge behalten und uns vorbehalten, zu gegebener Zeit entsprechende Maßnahmenanträge einzureichen.

 

Aufgrund dessen, dass im Wirtschaftsplan keine Auffälligkeiten oder größere Veränderungen festgestellt werden konnten, werden wir dem Wirtschaftsplan 2025 des Eigenbetriebs Jugend- und Kulturförderung unsere Zustimmung geben.

 

 

 

Bernd Schmidt

Fraktionsvorsitzender UWG

                                                   


ree

 
 
 

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